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Eine bunte Gruppe von Menschen mit verschiedenen Behinderungen. Im Hintergrund das Wappen der Vereinten Nationen

Am 26. März 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland in Kraft. Seitdem wurde viel erreicht, damit Menschen mit Behinderung von Anfang an ein selbstbestimmtes Leben führen können. Bis zu einer vollen und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe sind allerdings noch zahlreiche Hürden zu nehmen. Auf diesem Weg unterstützt das KSL-MSi-NRW durch Beratung, Schulung und Wissensvermittlung.

Die UN-BRK konkretisiert die bereits anerkannten allgemeinen Menschenrechte aus anderen Menschenrechtsübereinkommen auf die Situation von Menschen mit Behinderungen. Sie ist damit ein Meilenstein für behinderte Menschen. Die für Deutschland verbindliche Konvention enthält Prinzipien wie Nicht-Diskriminierung, Chancengleichheit, Selbstbestimmung, Inklusion sowie Verpflichtungen zur Partizipation, Bewusstseinsbildung und Zugänglichkeit. Darüber hinaus umfasst die UN-BRK bürgerliche und politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Ziel der Konvention ist der volle und gleichberechtigte Anspruch aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen.

Viel Positives wurde in den vergangenen 15 Jahren erreicht, wie etwa der Erlass des Bundesteilhabegesetzes zur Schaffung eines neuen Teilhaberechts. Dieses Gesetz ist ein sogenanntes Artikelgesetz. Es schafft kein eigenständiges neues Recht, sondern hat bestehende andere Gesetze wie das Sozialgesetzbuch IX, Sozialgesetzbuch XII, das Umsatzsteuergesetz und weitere Gesetze und Rechtsverordnungen abgeändert.

Ein Manko bis heute

Die Behindertengleichstellungsgesetze und andere nationale Gesetze verpflichten bisher überwiegend staatliche Stellen, Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Im privatwirtschaftlichen und privaten Raum müssten weitere gesetzliche Grundlagen aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention erlassen werden, um auch private Akteure zu verpflichten. Deshalb ist es positiv zu bewerten, dass mit dem Erlass von Paragraf 12e des Behindertengleichstellungsgesetzes grundsätzlich Assistenzhunde und Blindenführhunde auch von privaten Akteuren zugelassen werden müssen. Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch ihren Assistenzhund beziehungsweise Blindenführhund darf grundsätzlich der Zutritt zu den typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen Anlagen und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch ihren Assistenzhund oder Blindenführhund verweigert werden.

Auf der Basis der UN-BRK

Wir vom KSL-MSi-NRW arbeiten auf der Grundlage der UN-BRK. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist es, bereits umgesetzte Rechte von Menschen mit Sinnesbehinderungen bekannter zu machen und für Sinnesbehinderungen zu sensibilisieren. Es herrscht bisher wenig Transparenz, welche Leistungen bei welchen Rehabilitationsträgern beantragt werden können und welche Rechte in Bezug auf eine barrierefreie Kommunikation gegenüber öffentlichen Stellen bestehen. Zudem besteht ein Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen. Sie bestimmen mit, wie eine Leistung auszuführen ist. Hier aufzuklären und Bewusstsein zu schaffen, ist unser Ziel.

Die UN-BRK fordert von den Unterzeichnerstaaten unter anderem auch eine inklusive und barrierefreie Gesundheitsversorgung. Das Personal in Arztpraxen sollte zu Barrierefreiheit geschult werden. Nach Paragraf 17 Absatz 2 des Ersten Sozialgesetzbuches haben Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Bei einem Arztbesuch werden die anfallenden Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Hierüber sind Ärzte zu informieren und zu sensibilisieren.

Gleichberechtigt Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung

Artikel 30 Absatz 4 UN-Behindertenrechtskonvention beinhaltet, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität haben, einschließlich der Gebärdensprachen und der Gehörlosenkultur. In diesem Bereich sollten Anstrengungen zur Förderung der Deutschen Gebärdensprache und Gehörlosenkultur verstärkt werden.

Auch im Bildungsbereich sollte die Verwendung der Deutschen Gebärdensprache gestärkt werden.

Hier liegen weitere Schwerpunkte unserer Arbeit, bei dem wir durch Beratung, Schulung und Wissensvermittlung unterstützen, die UN-BRK in Deutschland zu realisieren.

Wir freuen uns über das, was aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention bisher erreicht wurde. Aber wir sind uns auch bewusst, dass noch viele Hürden bis zur vollen und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu nehmen sind.

Autor/in: Natalie Ziemann in Zusammenarbeit mit Michael Kalthoff-Mahnke