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Zwei Workshops auf dem Fachtag "inklusive Gesundheit" in Bochum

11.09.2025
Melanie Wegerhoff und Julian Rohlfing auf dem Fachtag inklusive Gesundheit

Am 10.09.2025 hat das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für Menschen mit Sinnesbehinderung NRW (KSL-MSi-NRW) am Fachtag "inklusive Gesundheit" in Bochum teilgenommen. Der Fachtag wurde in Kooperation aller KSL.NRW organisiert und durchgeführt. Im Rahmen der Veranstaltung hielten wir zwei 90-minütige Workshops, um Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen und verwandten Bereichen für die Belange von Menschen mit Seh- und Hörbehinderung sowie Blindheit zu sensibilisieren. Ziel der Workshops war es, den Teilnehmer*innen praktische Einblicke und Handlungsanleitungen für einen inklusiveren Umgang im beruflichen Alltag zu vermitteln.

Workshop 1: Blindheit und Sehbehinderung verstehen und begegnen

Der erste Workshop widmete sich dem Themenfeld Blindheit und Sehbehinderung. Zu Beginn wurde klar der Unterschied zwischen den beiden Begriffen herausgestellt, da viele Menschen fälschlicherweise annehmen, Sehbehinderung sei lediglich eine Vorstufe der Blindheit. Wir beleuchteten die Vielfalt der Seheinschränkungen – von Gesichtsfeldausfällen über Nachtblindheit bis hin zur vollständigen Blindheit. Ein Fokus lag auf den alltäglichen und beruflichen Herausforderungen, die sich daraus ergeben.

Die Teilnehmer*innen erhielten einen Überblick über Assistenztechnologien wie Bildschirmleseprogramme (Screenreader), Braillezeilen und mobile Apps, die den Alltag erleichtern. Ein zentrales Thema war die barrierefreie Kommunikation und die Gestaltung von Umfeldern. Es wurde vermittelt, dass kleine Anpassungen wie die klare Beschreibung von Wegen oder das Anbieten von Hilfsmitteln im Gespräch große Auswirkungen auf die selbstbestimmte Teilhabe haben können.

Um die Perspektive von Betroffenen zu verdeutlichen, integrierten wir ein Zitat aus einer Publikation des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands (DBSV): „Mit der richtigen Unterstützung und den richtigen Hilfsmitteln können blinde und sehbehinderte Menschen ihr Leben aktiv und selbstbestimmt gestalten“ [1]. Diese Aussage diente als Grundlage für die anschließende Diskussion, wie diese Unterstützung im Arbeitsalltag praktisch umgesetzt werden kann.

Workshop 2: Thema „Hören“ – und wie viel versteht man wirklich vom Lippenabsehen? 

Der zweite Workshop widmete sich dem Themenfeld Hörbehinderung. Nach einer Einführung in verschiedene Formen von Hörschädigungen und deren Ursachen erhielten die Teilnehmer*innen einen anschaulichen Einblick in die Praxis: Mithilfe eines Sprachaudiogramms wurde verdeutlicht, wie schwer es ist, Sprache zu verstehen, wenn bestimmte Laute nicht hörbar sind.

Im Anschluss wurden verschiedene Hilfsmittel vorgestellt, die das Hören und Verstehen im Alltag unterstützen können – auch wenn sie das natürliche Hören niemals ersetzen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es innerhalb der Hörbehinderten-Community unterschiedliche Perspektiven gibt: Während schwerhörige Menschen auf technische Unterstützung setzen, sehen sich gehörlose Menschen vielfach nicht als behindert, sondern als Teil der Gehörlosenkultur, mit der Deutschen Gebärdensprache (DGS) als eigenständiger Sprache.

Besonders interessiert waren die Teilnehmer*innen an der Frage, ob Menschen mit Hörbehinderung wirklich vom Lippenabsehen profitieren können. In einer praktischen Übung konnten sie dies selbst ausprobieren: Bei der ersten Übung sollten sie einen Satz ohne Kontext vom Mundbild absehen, bei der zweiten erhielten sie eine Vorabinformation. Das Ergebnis überraschte viele, da deutlich wurde, wie entscheidend ein bekannter Gesprächskontext ist und dass Lippenabsehen keine sichere Verständigung ermöglicht. Die Verständigung funktioniert besser, wenn Mimik, Gestik und – wo möglich – Gebärdensprache einbezogen werden.

Fazit und Ausblick

Die Workshops stießen auf großes Interesse bei den Teilnehmer*innen. Die praktischen Übungen und konkreten Beispiele trugen dazu bei, die oft abstrakten Konzepte von Sinnesbehinderungen greifbarer zu machen. Wir sind überzeugt, dass solche Veranstaltungen einen wichtigen Beitrag leisten, um Vorurteile abzubauen und das Wissen über die Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesbehinderungen zu vertiefen.

Als Fachberater*innen des KSL-MSi-NRW setzen wir uns weiterhin dafür ein, durch gezielte Informationsangebote und Sensibilisierungsmaßnahmen eine inklusive Gesellschaft zu fördern. Die positiven Rückmeldungen aus Bochum bestärken uns in unserer Arbeit und zeigen, dass der Bedarf an praxisorientierten Schulungen in diesem Bereich sehr hoch ist. Wir stehen auch in Zukunft für weitere Veranstaltungen dieser Art zur Verfügung. Sie können uns gerne direkt per E-Mail an info@ksl-msi-nrw.de kontaktieren.

Quellen

[1] Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. DBSV. https://www.dbsv.org/. (Zugriff am 11. September 2025).
 

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