Am 23.09.1951 wurde der Weltverband der Gehörlosen (WFD) gegründet. Letztes Jahr hat der Verband World Federation of the Deaf eine Sensation bekannt gegeben: Der 23.09. wird zum Welttag der Gebärdensprache erklärt und dieses Jahr zum ersten Mal gefeiert
Die gehörlose Künstlerin Barbara Ringwelski wurde in das KSL-MSi-NRW zum Interview eingeladen.
Frau Cebulla:
„Jetzt kommen wir zu dem Thema: Kunst und Gebärdenwelt. Ihre Kunstwerke und Ihre Inspiration beziehen sich auf die unterschiedlichsten Bereiche, haben aber immer einen Bezug zur Gebärdensprache. Warum sind Hände und Gebärdensprache so wichtig für Sie?“
Frau Ringwelski:
"Ich bin gehörlos und die Gebärdensprache ist eine wertvolle visuelle Sprache mit einer eigenen grammatikalischen Struktur. In Deutschland wurde die Deutsche Gebärdensprache im Jahr 2002 als Amtssprache anerkannt. Wir sprechen mit den Händen, und eine alltägliche Kommunikation mit Hörenden ist für gehörlose Menschen nicht immer möglich. Für mich ist die Lautsprache eine Fremdsprache und ich verstehe viele Dinge nicht.
Ich bin mit der Gebärdensprache als Muttersprache aufgewachsen.
Mit Gebärdensprachdolmetschern klappt die Kommunikation sehr gut, auch um meine Gedanken der Kunstwelt zu vermitteln.“
Frau Cebulla:
„Ihr Kunstwerk zum Welttag der Gebärdensprache steht unter dem Motto: „Gebärdensprache lebt auf der ganzen Welt“. Wie kam es dazu?“
Frau Ringwelski:
„Meine Kollegin ist Sonderpädagogin und wir haben viele interessante Gespräche geführt. Sie sagte, dass die Hände ein Symbol für die Gehörlosengemeinschaft sind. Ich unterhalte mich gerne mit Menschen und lasse mich inspirieren, so finde ich Ideen, neue Techniken und Wege zur Kunst. Mit den Händen können wir alles machen, außer hören.
Die Gebärdensprache verbindet Menschen und es gibt über 200 verschiedene Gebärdensprachen auf der Welt.
Bis jetzt sehe ich immer wieder, dass viele hörende Menschen die Gebärdensprache als Zeichensprache beschreiben. Um einen Anstoß zum Thema Gebärdensprache zu schaffen, habe ich dazu ein Bild mit Kugelschreiber skizziert.“
Frau Cebulla:
„Wann begann Ihre Karriere? Haben Sie schon Vernissagen oder Ausstellungen geplant?“
Frau Ringwelski:
„Ich bin zwar gelernte Schneiderin, aber Kunst war für mich eine Herausforderung. Ich bin ein sehr kreativer Mensch und experimentieren ist für mich außerordentlich wichtig. In diesem Jahr habe ich eine Tasche mit dem Symbol „I LOVE YOU“ entworfen. Ich war irgendwie schon immer Künstlerin. Seit ich denken kann, habe ich mich als Künstlerin empfunden. Schon als Kind habe ich in meiner eigenen Welt gelebt. Es gab immer viele Gedanken und Ideen in die unterschiedlichsten Richtungen, aber Kunst war für mich immer auf Platz eins.
Ich habe noch viele Ideen und plane weitere Ausstellungen. In diesem Jahr habe ich an den Kulturtagen der Gehörlosen in Potsdam teilgenommen. Das war ein sehr spannendes Erlebnis für mich, da ich die Gelegenheit hatte viele gehörlose Künstler kennenzulernen. Insbesondere der Gala-Abend wird mir immer in Erinnerung bleiben. Es ist ein unvergesslicher Moment gewesen: alle Menschen redeten nur mit ihren Händen! Ich war so glücklich, ich fühlte mich wie auf einer Insel auf der alle Menschen, ob mit und ohne Behinderung, ein Recht auf eine barrierefreie Kommunikation haben.
Am 17. Juli 2017 hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit meine Kunstwerke im Rahmen einer Vernissage im DGS Treff der Graf Recke Stiftung in Düsseldorf auszustellen. Für diesen Tag wurden zwei Gebärdensprachdolmetscherinnen engagiert. Natürlich bin ich froh, dass so viele Menschen bei der Organisation der Vernissage geholfen haben und bedanke mich nochmals für die Unterstützung. Im Herbst wurden dann auch zum ersten Mal meine Kunstwerke in einem Kalender der Graf-Recke-Stiftung veröffentlicht.“
Frau Cebulla:
„Was denken Sie über das Thema Selbstbestimmtes Leben und Inklusion?“
Frau Ringwelski:
„Gehörlose Menschen treffen im Alltag auf Barrieren. Vor einiger Zeit bin ich auf Thema Deaf Empowerment aufmerksam geworden und denke, dass auch wir verschiedene Möglichkeiten haben. Unser Empowerment steckt in uns, nur wissen viele noch nicht: Was ist meine Stärke? Was kann ich machen? Welchen Beruf soll ich wählen?
Es ist nicht einfach, die Kraft und den Mut auf dem Weg zum Ziel aufzubringen. Die Berufung zum Beruf zu machen, ist ein wertvoller Schritt ins selbstbestimmte Leben. Ich weiß, was ich brauche und mein gebärdensprachlicher „Peer Counseling“ und DeafMentor unterstützt mich dabei, mich weiterzuentwickeln. Mehr Informationen zum Thema „DeafMentoring“ in Gebärdensprache finden Sie dem Link:http://deaf-mentoring.de/
Es ist wichtig, dass gehörlose Menschen von gehörlosen Berater beraten werden können.
Zum Thema Inklusion habe ich eine bunte Illustration skizziert, in der alle Menschen mit Behinderung, obwohl mit verschiedenen Bedarfen gleiche Bedürfnisse haben: Vielfalt, Autonomie und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben für alle Menschen - mit und ohne Behinderung.“
Frau Cebulla:
„Vielen Dank für das interessante Interview.“
Verfasserin: Anna Cebulla